Geschichten aus 60 Jahren WGF
1985–89

Das Wohnungsproblem in Döbeln wird gelöst

„Döbeln-Nord“ als wichtigstes und größtes Wohnungsbau-Vorhaben in Döbeln wuchs und wuchs auch in den Jahren 1985-1989. Bereits am 07.08.1985 wurden die Schlüssel für die 1000. Wohnung in Döbeln Nord an die Familie Christian und Carola Terp.
Die AWG verwaltete Ende 1985 insgesamt 2028 Wohnungen, davon bisher 400 Wohnungen in Döbeln-Nord.

Ab 1987 fuhren die Buslinien im Stadtverkehr B, C und D auch durch das Wohngebiet Döbeln-Nord und erleichterten damit den dort bereits wohnenden Bürgern die Anbindung an das Döbelner Stadtzentrum und an die gesamte Region. Damals kostete eine Busfahrt im Stadtverkehr 20 Pfennige.

Im Wohngebiet Döbeln-Nord wurden bis Ende 1989 2300 Wohnungen gebaut und vergeben. Die AWG erhielt in Döbeln-Nord bis Ende 1989 860 Wohnungen. Die letzten Wohnungen in Döbeln-Nord wurden 1990 vergeben. Damit hatte das Wohngebiet einen endgültigen Wohnungsbestand von 2.391 Wohnungen und die AWG war Eigentümer von 915 Wohnung in Döbeln-Nord.


Das Wohnungsproblem in Döbeln war gelöst

Auch in der AWG war 1989/1990 Wohnungsbestand und Mitgliederzahl ausgeglichen. Mit steigendem Wohnungsbestand erhöhte sich auch der Verwaltungsaufwand in der AWG. Nicht nur die neu gebauten Wohnungen wollten gut verwaltet werden, sondern auch die älteren Wohnungen forderten einen erhöhten Aufwand an Werterhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sowie Reparaturen. Die AWG bemühte sich gezielte Reparaturen und Werterhaltungsmaßnahmen hauptsächlich mit eigenen Handwerkern und immer im Rahmen der vorhandenen Mittel und Materialkontingente durchzuführen.

An eine umfassende Modernisierung zur Verbesserung der Wohnqualität konnte damals nicht gedacht werden. Umfangreiche Bauleistungen waren nicht zu bekommen. Viele regionale Bauarbeiter waren auf SED-Parteibeschluss nach Berlin und Leipzig abgestellt worden. So wurden 1987 mit 12 Handwerkern der AWG 3.790 Reparaturaufträge in Eigenregie realisiert und eine schnelle Beseitigung der Schäden erreicht.

Material und auch Arbeitsleistungen im Baugewerbe waren knapp. Es war notwendig, Bilanzen vorher zu beantragen. 1987 erhielt die AWG für Werterhaltungsmaßnahmen Reparaturbilanzen:

30.000 DDR-MarkDachdeckerarbeiten
95.000 DDR MarkOfensetzerarbeiten
20.000 DDR-Mark Klempnerarbeiten

23 Betriebe halfen der AWG dabei.


Das Kollektiv der AWG

Dankeschön-Veranstaltung der AWG am 16. Nov. 1986

In Anerkennung der Leistungen im innergenossenschaftlichen Wettbewerb im Jahre 1985 hatte der Vorstand der AWG Vertreter der besten Hausgemeinschaften mit Ehegatten zu einer Dankeschön-Veranstaltung im Klub der Werktätigen eingeladen. Daran nahmen auch teil die Vorstandsmitglieder, die Genossenschafter der Revisionskommission und die Beschäftigten in der AWG.
Der Vorsitzende der AWG Fortschritt Döbeln, Herr Klaus Beßler, dankte allen Anwesenden für die Anstrengungen im vergangenen Jahr und gab das Buffet, mit allem was das Herz begehrte, frei. Für das Tanzbein sorgte eine Disko mit heißen Rhythmen. Dicht umlagert war auch der Barausschank. Es war ein schöner Abend, der allen Anwesenden noch lange in Erinnerung bleiben wird. Zugleich aber war es ein Ansporn, künftig noch höhere Leistungen zum Wohle unserer Genossenschaft zu vollbringen.


Geschichten aus dem Leben der AWG

Erinnerung von Peter Schurzmann

„An einem Dienstag Morgen, bei strahlendem Sonnenschein ging ich 09:00 Uhr zum
Frühstück in die AWG. Plötzlich hörte ich Hilfeschreie, die aus einer Wohnung in der Käthe-Kollwitz-Straße 1 kamen. Als ich näher kam, rief die Bewohnerin, Frau Friedel, aus dem Stubenfenster: „Herr Schurzmann, kommen sie schnell!“ Da sah ich schon aus dem Badfenster lauter Schaum herausquellen. Ich lief in die Wohnung und das Malheur war nicht zu übersehen.
In der ganzen Wohnung war Schaum, auch der Vorsaal war schon betroffen. Frau Friedel hatte Gardinen gewaschen und dazu Seifenpulver in die Waschmaschine geschüttet. Ihre Mitbewohnerin schüttete ebenfalls Seifenpulver in die Maschine. Die Maschine wurde angestellt und der Schaum quoll nur so aus allen Ecken heraus.
Es sah alles sehr lustig aus, nur den zwei Frauen war nicht zum Lachen zu mute. Mit der Handbrause habe ich langsam versucht den Schaum mit Wasser in der Badewanne wegzuspülen, was mir auch sehr gut gelang. Den anderen Schaum haben wir immer wieder in die Wanne geschaufelt bis er weg war. Meine Frühstückspause ist an diesem Tag leider dem Schaum zum Opfer gefallen.“


Komplexmodernisierung der AWG in den 80er Jahren

Rainer Heinzmann erinnert sich

„Wir haben eigentlich alles an den Häusern gemacht. Auch komplette Dachdeckerarbeiten z. B. am Haus Blumenstraße 53. Unser kleines Team bestand aus 3 Handwerkern Torsten Walter, Günter Schwarz und ich, Rainer Heinzmann. Die AWG-Leitung hatte einen Weg gefunden über die ELG Döbeln das notwendige Material zu ordern. Dann rief der Güterbahnhof an und teilte mit, dass der Waggon eingetroffen sei. Nun mussten wir uns einen LKW besorgen. Meistens half uns der Trägerbetrieb „Rotes Banner“. Danach wurde das Material von Hand abgelagert oder auf den Boden hinaufgetragen.

Die Mieter hatten bereits die notwendige Baufreiheit geschaffen. Nun gingen die Arbeitsschritte los. Das alte Dach wurde Stück für Stück abgebaut und das neue Dach wurde aufgesetzt. Die notwendigen Klempnerarbeiten führten unsere Kollegen Lindhard Pönitzsch und Manfred Kurth aus. Gemeinsam haben wir auch die Essenköpfe erneuert. Bei der Dacheindeckung wurden Betondachziegel zunächst gesetzt. Erst im Herbst begann das Verfugen. Schwer war auch immer das Stellen der Gerüste. Schließlich standen wir auch ständig unter Kontrolle von Norbert Meier, dem Sicherheitsinspektor der Gewerkschaft in Döbeln. Seinen Blicken entging nichts. Heute sind wir stolz, dass kein Unfall passiert ist und den Helm haben wir freiwillig getragen, wenn es aufs Gerüst ging.“


Die Wende von der DDR zur BRD

Umzug von der GWG zur AWG „Fortschritt“

„Unsere Familie bewohnte die schöne 3-Raumwohnung auf dem Geyersberg in der GWG. Mit drei Kindern in einer 3-Raumwohnung und noch dazu die Toilette eine halbe Treppe tiefer. Wie es in dem Haus so üblich war, wurden die Holztreppen gebohnert. Unsere Kinder 10, 5, und 2 Jahre vielen regelmäßig die Treppe hinunter-es war einfach zu glatt! Verständnis gab es kaum und im November 1988 habe ich kurz entschlossen auf den Wohnungsamt in Döbeln einen Antrag auf eine Neubauwohnung abgegeben. Die korpulente Frau sagte nur, wir kämen auf die Warteliste (ungefähre Dauer von zwei Jahren). Ich, als energische Frau, wies die kurpulente Dame darauf hin, was das soll und
ob sie nicht die Dringlichkeit mit drei Kindern erkennt. Danach setzte sie uns auf der Warteliste auf den zweiten Platz von oben. Na es geht doch, dachte ich mir. Im Februar 1989 erhielten wir eine Einladung von der AWG betreffs einer Aufnahme als Mitglied. Wir waren vor Ort und wussten nicht so recht, wie uns geschah, denn es war Aufnahme und gleichzeit die Verlosung der Wohnungen. Mein Mann zog unsere 4-Raumwohnung in der 4. Etage. Wir waren glücklich, endlich eine Neubauwohnung mit unseren Kindern zu haben und Schule, Kita und Kindergruppe waren ebenfalls im Wohngebiet vorhanden. Zu meinem 32. Geburtstag zogen wir ein. Unsere Freunde halfen uns beim Umzug, da wir in der 4. Etage wohnten und es viele Treppenstufen zu überwinden galt. Ein Behälter mit blauer Farbe wollte mein Mann über den Balkon (quasi auf kurzem Weg) nach unten befördern. Leider ging der Behälter beim Aufprall auf und ein auf dem Bürgersteig stehender grüner LKW wurde mit blauer Farbe neu eingefärbt. Ein Mieter über uns wollte jedoch auch einmal den kurzen Weg über den Balkon ausprobieren und sprang tatsächlich aus der 5. Etage vom Balkon. Meine Nachbarin sah den Mann und erlitt fast einen Schock. Ich rannte die Treppe herunter, um nach dem Mann zu sehen, aber als ich unten an kam, war er weg. Ihm war nichts passiert, weil hinter dem Haus alles schlammig war. Er ging durch den Keller des Nachbarhauses wieder in unser Haus nach oben und klingelte an der Wohnungstür bei seiner Frau. Seine Frau öffnete die Tür und war völlig verwirrt.

Dann kam die Wende und wir bezahlten die Anteile in Höhe von 2400 Mark ab. Jetzt ging es ganz schnell mit den Mieterhöhungen. Beim Einzug bezahlten wir 95,35 Mark und ab dem 01.10.1991 472,95 DM. Zuletzt hatten wir eine Miete von 724 DM aber dann kam da der EURO und es waren 378,00 €.
In unserem Haus wohnten 10 Familien mit 21 Kindern, das wäre in der heutigen Zeit unvorstellbar, aber wir feierten gemeinsam viele Feste.“


Intershop – Exquisit – Delikat

Neben den wirtschaftlichen Problemen im Land spielte zunehmend die Versorgung der Bevölkerung eine gravierende Rolle. Der Einfluss des westlichen Lebensstandards auf den DDR-Standard forderte Entscheidungen, einen erheblichen Teil der Devisen für die Versorgung einzusetzen. Diese Entwicklung hatte klare Begriffe: Intershop – Exquisit – Delikat.

Intershop

… war eine staatliche Handelsorganisation (gegr. 1962). Zunächst wurde sie eingerichtet, um den westlichen Transitreisenden gegen Westwährung zollfreie Importwaren aus dem „kapitalistischen Ausland“ zu verkaufen. Vielfach waren diese Produkte in der DDR hergestellt, konnten aber nicht gekauft werden. Zunehmend hatten auch die DDR-Bürger das begehrte Westgeld – die D-Mark. Für den Einkauf im Intershop musste das Westgeld gegen Forum-Schecks bei der DDR-Staatsbank eingetauscht werden.

Exquisit-Geschäfte

Neben hochwertigen DDR-Produkten wurden vor allem importierte Textilien und Lederwaren angeboten. Das Zahlungsmittel hier war die DDR-Mark.

Delikat-Läden

Die Warenangebote waren in erster Linie Nahrungs- und Genussmittel. Auch hier galt als Zahlungsmittel die DDR-Mark. Für die Produkte gab es schon damals ein tolles Marketing und die Käufer bezahlten Vieles zu echt überteuerten Preisen.